(Dresden, 27.11. 2020): Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat kürzlich einen Regierungsentwurf für das „Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts“ vorgelegt. Dieses soll bereits Anfang 2021 in Kraft treten und die außerinsolvenzliche Restrukturierung von Unternehmen erleichtern. Damit wird eine EU-Vorgabe in deutsches Recht umgesetzt. „Im Prinzip ist eine Sanierung und Restrukturierung vor der Insolvenz auch heute schon möglich. Allerdings beruht eine solche Lösung bisher immer auf dem Konsens der Geschäftsführung mit allen Gläubigern – ohne Ausnahme. Da konnte bereits ein einzelner sogenannter ‚Akkordstörer‘ sämtliche Bemühungen zunichtemachen. Mit den neuen Regeln soll es künftig möglich sein, solche Gläubiger zu überstimmen“, erklärt Unternehmensberater Simon Leopold, Geschäftsführer der ABG Consulting-Partner GmbH & Co. KG im Beratungsverbund ABG-Partner. Der Regierungsentwurf sieht vor, dass ein Unternehmen einen Restrukturierungsplan erstellt – ein Maßnahmenpaket zu seiner finanziellen und strukturellen Neuaufstellung. Diesen Plan verhandelt der Betrieb anschließend eigenständig mit seinen Gläubigern. Dazu werden Gläubigergruppen gebildet, die den Maßnahmen zustimmen müssen. Innerhalb einer Gruppe sollten 75 Prozent der Gläubiger mit dem Restrukturierungsplan einverstanden sein, damit ihre Zustimmung als erteilt gilt. Unter bestimmten Voraussetzungen soll es zudem möglich sein, einzelne Gläubigergruppen zu überstimmen.
Mehr Möglichkeiten, weniger Öffentlichkeit
„Das neue Gesetz soll bei drohender aber noch nicht eingetretener Zahlungsunfähigkeit zum Tragen kommen. Es lässt sich gut mit einem Werkzeugkasten vergleichen: Unternehmer bekommen eine Reihe von Tools bereitgestellt und können daraus die wählen, die für ihre jeweilige Sanierung aussichtsreich erscheinen“, sagt Leopold. So können Unternehmen beim zuständigen Gericht beispielsweise ein Moratorium beantragen, das sie drei Monate vor den Vollstreckungsmaßnahmen ihrer Gläubiger schützt. Die geringe Öffentlichkeit der Restrukturierungsverfahren kann ebenfalls von Vorteil sein: „Auch wenn die Unternehmensinsolvenz heute viel besser ist als ihr Ruf – eine ‚Pleite‘ ist immer noch gesellschaftlich stigmatisiert. Deshalb fürchten sich Unternehmer oft, rechtzeitig die nötigen Schritte zu gehen und verschärfen die Krise ihres Betriebes dadurch noch. Hier bieten die neuen Regeln den Vorteil, dass ein solches Restrukturierungsverfahren nicht öffentlich gemacht wird, sondern nur an die jeweiligen Gläubiger und Beteiligten kommuniziert werden muss“, so Leopold.
Anpassungen im Insolvenzrecht
Der Regierungsentwurf des neuen Gesetzes betrifft aber nicht nur präventive Restrukturierungen, es wurden auch bestehende Regelungen des Insolvenzrechts konkretisiert oder ergänzt. So soll die Frist für die Insolvenzanmeldung bei einer Überschuldung künftig auf sechs Wochen erweitert werden – allerdings nur, wenn die Aussicht auf eine kurzfristige Stabilisierung besteht. Zudem werden unter anderem der Prognosezeitraum für die drohende Zahlungsunfähigkeit auf 24 Monate festgesetzt und der Zugang zur Insolvenz in Eigenverwaltung an differenziertere Bedingungen geknüpft.
Für von Corona betroffene Betriebe ist in 2021 zunächst allerdings ein leichterer Zugang zur Eigenverwaltung geplant. Zudem soll in bestimmten Fällen die Fortführungsprognose bei der Überschuldung auf vier Monate verkürzt werden. „Insgesamt sehen wir in dem Gesetzesentwurf ein wichtiges Instrumentarium für Unternehmen, um sich eigenständig aus einer Schieflage zu befreien. Allerdings erfordert gerade die Ausarbeitung und Verhandlung eines Restrukturierungsplans umfangreiche Kenntnisse und Sanierungserfahrung. Das muss alles sehr schnell, präzise und regelkonform ablaufen – deshalb sollten Unternehmer hier frühzeitig die nötige Expertise mit an Bord holen“, resümiert der Unternehmensberater.
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Simon Leopold
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