Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat mit dem IDW S 11 den Standard für die Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen entwickelt. Auch wenn es sich dabei nicht um ein Gesetz handelt, so wird das Regelwerk aus dem Jahr 2015 in der Praxis dennoch allgemein akzeptiert und angewandt – schon allein deshalb, weil es für Wirtschaftsprüfer bei ihrer Arbeit bindend ist. Die letzte Aktualisierung des IDW S 11 liegt allerdings schon länger zurück: Sie erfolgte 2017. In der Zwischenzeit hat sich im Insolvenzrecht einiges verändert – vor allem durch die Einführung des StaRUG. Um weiterhin die nötige Rechtssicherheit zu gewährleisten, wurde der Standard aktualisiert. Das neue IDW S 11 wird seit Anfang dieses Jahres angewandt.
Änderungen bei der Krisenfrüherkennung
Neuerungen betreffen unter anderem das StaRUG, das sogenannte Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz. Es legt erstmalig die strukturierte Krisenfrüherkennung und das Krisenmanagement durch die Geschäftsführung des Unternehmens gesetzlich fest. Dies wird auch im neuen IDW S 11 aufgegriffen: Der Standard macht Vorgaben dazu, wie die Pflichten praktisch umzusetzen sind. So sollten Geschäftsführer unter anderem Systeme zur Krisenfrüherkennung einrichten, den wirtschaftlichen Status des Unternehmens regelmäßig prüfen und auch entsprechend festhalten, wie sie dies tun. Zudem haben Berater wie Steuerexperten oder Wirtschaftsprüfer eine Hinweispflicht, sollten sie bei ihrer Arbeit Indizien für Insolvenzgründe finden, die der Geschäftsführung möglicherweise entgangen sind.
Neue Zeiträume berücksichtigt
Der aktuelle IDW S 11 umfasst auch die angepassten Prognosezeiträume für die Beurteilung einer Überschuldung oder drohenden Zahlungsunfähigkeit. So muss bei Ersterer für einen Zeitraum von 12 Monaten geprüft werden, ob das Vermögen des Unternehmens die bestehenden Verbindlichkeiten deckt. Ist dies höchstwahrscheinlich nicht der Fall, besteht eine negative Fortbestehensprognose – das Unternehmen muss Insolvenz anmelden. Bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit liegt der Prognosezeitraum hingegen bei bis zu 24 Monaten.
Auch die Fristen zur Insolvenzanmeldung wurden an die neuen gesetzlichen Regelungen angepasst. Die Anmeldefrist bei einer Überschuldung liegt nun bei sechs Wochen. Bei Zahlungsunfähigkeit sind es weiterhin drei Wochen. Der IDW S 11 präzisiert an dieser Stelle zudem weiter: Gerade bei der Überschuldung sollte die Frist von Unternehmen nur ausgereizt werden, wenn bereits Gegenmaßnahmen eingeleitet wurden, die innerhalb dieses Zeitraums Insolvenzursachen voraussichtlich noch abwenden können.
Ist Zahlungseinstellung gleich Zahlungsunfähigkeit?
Die Neufassung des Standards nimmt auch ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs auf: Stellt ein Schuldner demnach die Zahlung einer erheblichen Verbindlichkeit ein und erklärt, dieser für drei Wochen nicht nachkommen zu können, dann kann hier von Zahlungsunfähigkeit ausgegangen werden – zumindest dann, wenn der Zahlungseinstellung mit starker Gewissheit mangelnde Liquidität zugrunde liegt. Laut IDW S 11 muss die eingestellte Forderung aber erheblich sein – bei geringen Forderungen kann nicht zuverlässig auf Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden.
Der Standard der Wirtschaftsprüfer erfasst nun auch die Zeiträume, in denen die Insolvenzantragspflicht aufgrund der Corona-Pandemie zeitweise ausgesetzt war. Das ist für die rückblickende Betrachtung relevant. Etwa, wenn geprüft werden muss, ob ein Geschäftsführer zum damaligen Zeitpunkt seinen insolvenzrechtlichen Verpflichtungen nachgekommen ist. Bei Fragen zu den juristischen Hintergründen des IDW S 11 sollten sich Unternehmen stets insolvenzrechtlichen Beistand holen.
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