Für gestandene Unternehmen ist die Corona-Krise ohne Zweifel schon eine Herausforderung. Da haben es kleine, junge Unternehmen ohne Krisenerfahrung und Rücklagen sicher noch schwerer, oder? Nicht zwangsläufig: Viele deutsche Start-ups konnten die Pandemie bisher gut überstehen. Manche sind sogar stark gewachsen. Welche Faktoren haben dazu beigetragen und wie können Unternehmen sich für künftige Krisen wappnen?
Deutsche Start-ups kommen besser durch die Krise als vermutet
Obwohl die Krise hohe Belastungen für Unternehmen mit sich brachte und die wirtschaftliche Unsicherheit gestiegen ist, sind viele hiesige Start-ups optimistisch gestimmt. Laut dem Deutschen Startup Monitor 2021 empfanden drei von vier Start-ups die Pandemie im Jahr 2020 als eine Beeinträchtigung. Mitte 2021 war Stimmung schon eine andere: Nur noch zwei von vier Unternehmen erleben eine Erschwernis ihrer Geschäftsaktivitäten durch das Virus. Das Geschäftsklima hat sich weitestgehend erholt und die GründerInnen erwarten eine positive zukünftige Geschäftslage.
Die befürchtete Pleitewelle blieb bisher aus, doch überstanden ist die Krise noch nicht. Sie wirkt nur differenzierter und branchenspezifischer. Besonders bei Start-ups im Bereich Tourismus, Freizeit, Sport und Human Resources sind die negativen Auswirkungen weiterhin sichtbar.
Branchenspezifische Effekte
Wegen der coronabedingten Unsicherheit sank auch die Zahl der Neugründungen. Allerdings gilt nicht jede Gründung automatisch als Start-up. Dazu werden meist nur Unternehmen unter zehn Jahren mit geplantem Wachstum und einem innovativen Produkt oder Geschäftsmodell gezählt. Typische Branchen für „normale“ Gründungen und Soloselbstständige sind beispielsweise das Handwerk, Dienstleistungen, Gastronomie, Einzelhandel oder Gesundheit, etwa Physiotherapie oder Kosmetik. Viele davon zählen zu den von Corona besonders schwer getroffenen Sektoren.
Bei den Start-ups hingegen sind 31 Prozent in der Branche Informations- und Kommunikationstechnologie aktiv, gefolgt von Medizinwesen, Konsumgütern und Nahrungsmitteln. Diese Branchenverteilung ist eine Besonderheit des deutschen Start-up-Markts und ein Grund für die Widerstandsfähigkeit des Sektors.
Rückenwind für digitale Geschäftsmodelle
Ein weiterer Grund für die gute Krisenperformance ist die Struktur der deutschen Start-up-Landschaft: 65 Prozent arbeiten mit digitalen Geschäftsmodellen wie Online-Plattformen oder IT-Dienstleistungen. Dazu kommen 26 Prozent hybride Geschäftsmodelle, welche beispielsweise Digitales und Hardware verknüpfen. Nur knapp neun Prozent der Start-ups setzen auf analoge Geschäftsmodelle und waren damit tendenziell stärker von Schließungen und eingeschränkter Mobilität betroffen.
Wachstumskurs für deutsche Start-ups
Für zahlreiche Start-ups war Corona also kein Dämpfer. Einige konnten ihre Geschäftsaktivitäten sogar ausweiten, weil ihre Produkte und Dienstleistungen aktuell besonders gefragt sind. Beispiele sind Software zur Kontaktverfolgung, digitale Bezahl- und Lieferdienste, Homeoffice-Lösungen oder Plattformen für digitale Bildung und virtuelle Kommunikation. Hier wirkte die Krise wie ein Beschleuniger für Trends, die sich bereits vor Corona abzeichneten.
In angespannten Zeiten werden bestehende Herausforderungen meist umso deutlicher. Zugleich eröffnet sich die Chance, neue Wege und Lösungen zu nutzen. So konnten beispielsweise Start-ups im Online-Handel oder Fintech-Sektor deutlich vom Digitalisierungsschub profitieren. Positiv entwickelte sich auch die Geschäftstätigkeit von Start-ups aus den Bereichen der Bildungsbranche, Medien- und Kreativwirtschaft, sowie Ernährung, Lebensmittel und Konsumgüter. Sie sind resilienter gegenüber coronabedingten Schließungen.
Krise als Katalysator des Finanzierungsbooms
Die Pandemie hat zudem für einen regelrechten Finanzierungsboom gesorgt. Noch nie erhielten Start-ups in Deutschland so viel Geld wie im Jahr 2021. Die Zahl der Megadeals mit Summen von mehr als 100 Millionen Euro hat sich vervierfacht. Auch das Gesamtvolumen der Finanzierungen liegt dreimal höher als im Vorjahr. Grund für die gestiegenen Finanzierungsaktivitäten ist das Erneuerungspotenzial der Start-ups. Investorinnen und Investoren erkennen die Möglichkeiten innovativer Technologien und entwickeln Interesse an potenziell disruptiven Geschäftsmodellen, beispielsweise im Bereich FinTech, InsurTech, E-Commerce oder Software und Analytics. Start-ups in diesen Sektoren sind häufig hoch innovativ und ein Motor für Wachstum, Beschäftigung und digitale Transformation.
Start-ups haben entscheidende Vorteile
Start-ups haben zwar meist keine Reserven und erwirtschaften noch keine Gewinne – aber sie besitzen andere Vorteile: Sie sind oft klein und schnell. Wer diese Stärke genutzt hat, konnte die Pandemie nicht nur überstehen, sondern zusätzlich gestärkt aus ihr hervorgehen. In kleinen Unternehmen sind die Abläufe übersichtlicher und die Entscheidungsprozesse weniger komplex – hier sind sich Start-ups und KMU meist ähnlich. Das vereinfacht und beschleunigt die Umsetzung von Innovationen. Im Gegensatz zu großen Unternehmen konnten Start-ups in der Krise ihren Vorteil nutzen, schnell experimentieren und nah beim Kunden und seinen veränderten Bedürfnissen sein. Zusätzlich haben sie oft eine höhere Digitalkompetenz – Gold wert in Zeiten boomender digitaler Geschäftsmodelle. Probleme ergeben sich häufig, wenn die Unternehmen zu schnell wachsen. Strukturen und Abläufe werden meist nicht so schnell angepasst. Innerhalb kurzer Zeit kommen immer wieder neue Mitarbeitende hinzu – klare Verantwortlichkeiten und die Prozesse fehlen jedoch, Frustration und eine hohe Fluktuation sind die Folge. Die wirtschaftlichen Folgen und verschenkten Potentiale liegen dabei auf der Hand.
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