Lange Zeit war die deutsche Automobilindustrie das Aushängeschild für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Doch aktuell gehen die Umsätze zurück, Stellen müssen abgebaut werden und immer mehr Zulieferer melden Insolvenz an. Die Folge: anhaltende Verunsicherung in der gesamten Branche. Welche Faktoren führen zu der angespannten Situation und was können Unternehmen tun, um dieser Stand zu halten?
Die Gründe für die schwierige Lage der Automobilindustrie sind vielschichtig. So wächst – laut einer Handelsblatt-Analyse – der Pkw-Absatz weltweit und in Europa nehmen die E-Auto-Zulassungen zu. Allerdings gelingt es deutschen Herstellern meist nicht, an diesem Wachstum teilzuhaben: Bei den Elektrozulassungen hinken sie oft deutlich hinter dem Marktwachstum her.
Zudem steigt der Wettbewerbsdruck auf dem globalen Markt. In China etwa haben deutsche Hersteller Marktanteile eingebüßt, während chinesische Marken zulegen konnten. Ein wesentlicher Grund dafür: Viele Unternehmen haben den politisch forcierten Wandel zur Elektromobilität zu zögerlich angepackt. Nun folgen neben Gewinneinbrüchen auch teure Umstrukturierungen.
Automobilindustrie baut Stellen ab
Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft EY sind allein im vergangenen Jahr rund 51.500 Arbeitsplätze in der Automobilindustrie weggefallen. Keine andere Branche hat so viele Jobs abgebaut. Auch große Namen wie Volkswagen, Mercedes-Benz, Bosch oder Continental setzen mittlerweile auf umfassende Sparprogramme. Selbst Traditionsmarken wie Porsche ziehen Konsequenzen: Die Batterietochter Cellforce wird weitgehend eingestellt.
Ein besonderer Brennpunkt liegt dabei im Zuliefererbereich, jenem Rückgrat der deutschen Automobilproduktion, das vor allem von mittelständischen Unternehmen geprägt ist. Laut der Creditreform Wirtschaftsforschung waren in den letzten fünf Jahren rund 43.000 Arbeitnehmer im Bereich der Zulieferer von einer Insolvenz betroffen.
Insolvenzen in der Automobilbranche auf Rekordniveau
Ein Blick auf die Insolvenzzahlen zeigt den Negativtrend der letzten Jahre: Während im Jahr 2020 noch 24 Zulieferer Insolvenz anmeldeten, waren es 2024 schon 34. 2025 könnte ein neuer Höchststand verzeichnet werden: Allein in den ersten vier Monaten wurden 19 Insolvenzen gemeldet.
Der Druck auf die Branche ist groß, die Innovationskraft dagegen gering. Das liegt unter anderem an Überkapazitäten bei geringer Nachfrage, hohen Energiepreisen und zunehmender Bürokratie. Hinzu kommt die angespannte Zollpolitik mit den USA, die deutsche Exporte zusätzlich belastet.
Was tun, um zu bestehen?
Trotz allem: Noch ist es nicht zu spät für einen Kurswechsel. Die deutsche Automobilindustrie verfügt über enormes Know-how und starke Marken. Entscheidend ist es, die Transformation mit klarer Strategie und Mut zur Veränderung anzugehen – so dem Wirtschaftsstandort Deutschland zu neuer Stärke zu verhelfen.
- Transformation konsequent vorantreiben: Software und Nachhaltigkeit als zentrale Wachstumstreiber begreifen; gezielt in Zukunftstechnologien investieren.
- Geschäftsmodelle neu denken: Kooperationen mit Technologieunternehmen und Start-ups nutzen, um Innovationsprozesse zu beschleunigen.
- Lieferketten widerstandsfähiger gestalten: Produktionsnetzwerke diversifizieren und regionale Beschaffung fördern, um Abhängigkeiten zu verringern.
- Insolvenz als Chance begreifen: Krisen frühzeitig erkennen und Sanierungsoptionen unter Insolvenzschutz ausloten.
- Effizienz und Kostenmanagement stärken: Produktions- und Verwaltungsprozesse digitalisieren und automatisieren.
- In neue Branchen vorstoßen: Neue Branchen und Wertschöpfungsbereiche erschließen, um Risiken zu streuen und neue Wachstumschancen zu nutzen.